Die Biographie als Schlüssel zu Frys Romanen


Stephen Fry – Columbus war ein Engländer



Die Autobiographie eines 40jährigen, die auf knapp 400 Seiten die ersten 20 Lebensjahre des Autors darlegt - das zeugt von Mut. Unter anderem von dem Mut, seinen Lesern manche Länge zuzumuten. Und natürlich von dem Mut, einen ungewöhnlichen Einblick in das eigene Seelenleben, in Peinlichkeiten und Versagen zu geben - bei einer grundsätzlich extrovertierten Person wie Stephen Fry allerdings nachvollziehbar.

Und trotzdem: Frys bewährter ironisch distanzierter Stil macht das Buch größtenteils zur amüsanten Lektüre. Seine Fähigkeit, selbst tragische (oder als tragisch empfundene) Momente mit einer gehörigen Portion Sarkasmus und selbstkritischem Unterton zu schildern, läßt zu keiner Zeit den Verdacht aufkommen, hier schreibe sich jemand sein Selbstmitleid von der Seele. Man folgt dem Autor durch manche Tiefen kindlicher Rückschläge und pubertärer Wirrungen und hat doch immer das Gefühl: Alles wird gut.

Einen besonderen Wert erhält die Autobiographie durch ihre Schlüsselfunktion: Praktisch im gesamten literarischen Schaffen Frys sind Anklänge an seine Kindheit und Jugend zu finden. Diesen Zitaten auf die Spur zu kommen, macht Spaß und ist eine spannende Angelegenheit. Vielleicht mit Ausnahme von „Das Nilpferd" schöpfen alle Romane Frys tief aus diesem Fundus, und der Schluß von „Geschichte machen" ist vielleicht nur daraus zu erklären, nämlich als die literarische Erfüllung eines realen Herzenswunsches des jungen Stephen.

Mir hat die Lektüre bei aller Befremdlichkeit und Drastik mancher Szenen großen Spaß gemacht - so sehr, daß ich anschließend alles Gedruckte von Stephen Fry gelesen habe und darin immer wieder auf die Biographie zurückverwiesen wurde. Mal mit einem leisen „Ach ja ...", mal mit einem überraschten „Oho!"