Wunsch und Wirklichkeit


Stephen Fry – Das Nilpferd



Vielleicht hätte der Doktorand Michael Young sich an eine der Regeln von Edward A. Murphy erinnern sollen: „Alles was schief gehen kann, wird auch schief gehen". Oder er hätte Tucholsky lesen sollen: „Der Feind des Guten ist stes das Gutgemeinte". Hat er aber nicht - und so versucht er gemeinsam mit einem alten Physiker, den Lauf der Geschichte im Nachhinein zu beeinflussen. Er verhindert Hitlers Geburt und erwacht in einer neuen, auf den ersten Blick besseren Welt. Das Experiment ist also geglückt, doch hat es zugleich auf grandiose Weise sein Ziel verfehlt.

Wie dieses „knapp vorbei ist auch daneben" sich entwickelt, wie Michaels Handlungsweise motiviert ist und daß Geschichte möglicherweise veränderbar, aber wohl nie planbar ist, das schildert Stephen Fry in lockerem Erzählton mit überraschenden Wendungen, hintergründigen Spitzen gegen das englische und amerikanische Universitätsleben und einer profunden Kenntnis historischer Zusammenhänge im Deutschland der Weimarer Republik.

Stilistisch wird der Roman Fry-Fans wohl stellenweise überraschen. Sicher, hier ist auch der lockere Plauderton anzutreffen, der seine Prosa auszeichnet (und der auch von Frys Übersetzer sehr gut getroffen wird). Doch daneben finden sich exakt recherchierte historische Rückblenden sowie einige Kapitel im Drehbuchstil (wohl um die Handlung zügiger voranzutreiben).

Interessant übrigens, daß Fry sich in diesem Roman wieder nicht von seiner Lebensgeschichte losmachen kann. Nicht nur, daß er über seine Vorfahren mütterlicherseits einen Bezug zur deutschen Geschichte hat. Gegen Ende wird auch deutlich, daß Michael Young unter anderem eine Inkarnation der Cartwright/Osborne-Figur aus Frys Autobiographie und dem „Lügner" ist. Und daß Fry sich in Michaels Freund Steve selbst porträtiert. Zumindest diese Geschichte in der Geschichte findet ein Happy End - womit sich Fry wohl einen Herzenswunsch erfüllt hat, der in seinem Leben ein Wunsch bleiben mußte.

Fazit: Man kann dieses Buch durchaus einfach so zum Vergnügen weglesen. Doch man wird immer wieder einmal in Gedanken darauf zurückkommen.