Asi Reloaded


Wer A sagt, muß auch B sagen. Besi? Nein, geht sowieso nicht, weil B bei mir schon besetzt ist. Ganz anders: ein zweiter Teil wurde von der Leserschaft ausdrücklich gewünscht. Das allein wäre mir noch herzlich egal gewesen, aber ich selbst wünsche ebenfalls einen zweiten Teil zu schreiben. Und deshalb.

Warum dann in „Alles mit C“? Weil dies der zweite und letzte Teil einer geplanten Trilogie ist. Alles klar? Nein? Macht nichts!

Übrigens wird selbstverständlich auch dieser Text an all dem kranken, was zweite Teile gemeinhin ausmacht: Die special effects sind eindrucksvoller, dafür gerät die Handlung flacher, das Personal ist allzu bekannt und dabei nicht entwicklungsfähig. Egal, gehen wir einfach in medias res (ja, auch der Hobby-Volkskundler schätzt das akademische name-dropping) und nähern uns wieder dem Asi und seinen Jagdgründen.


1. Der Asi auf Reisen


Immer wieder hört man, der Deutsche benehme sich bei Auslandsaufenthalten wie die sprichwörtliche Axt im Wald. Besonders gerne wird diese Ansicht vom typischen Teilnehmer an pauschalen Bildungsurlauben geäußert. Also von Studienräten und Inhaberinnen kleiner Handarbeitsboutiquen. Sie selbst zählen sich natürlich nicht zu den marodierenden germanischen Horden, also denken sie wohl zu politisch korrekt, um die Dinge beim Namen zu nennen: Der Asi benimmt sich im Urlaub schauderhaft.

Nun kennen wir die Geschichten vom deutschen Urlauber, der in Rimini Eisbein mit Sauerkraut zu speisen wünscht oder ein japanisches Badehaus mit einem ordinären Bordell (Verzeihung: „Erotik-Hotel“) verwechselt. Ich würde dies eher der kleinbürgerlichen Denkart zuordnen als dem genuinen Asi-Auftritt. gerhard Polt hat dies in seinem Lichtspiel „Man spricht Deutsch“ hinreichend illustriert.

1.1 Reiseziele


Typisch für den Asi ist die Auswahl seines Urlaubsortes. Nachdem Mallorca und Ibiza nur noch für die Klientel interessant sind, die Tom Gerhard langweilig finden, weil er lediglich den normalen Alltag nachspielt, muß es schon ein wenig exotischer zugehen, um die Protzsucht des Asis zu befriedigen.

Um nicht falsch verstanden zu werden: Natürlich ist ein Ort wie El Arenal nach wie vor ein Stammplatz internationaler Asi-Treffen, und auch der Ballermann wird heutzutage noch gerne aufgesucht. Dennoch läßt sich ein Aufenthalt in diesen Gefilden nicht mehr mit der gewünschten Gehässigkeit der weniger hoch verschuldeten Nachbarschaft unter die Nase halten. (Sagte ich schon, daß der Asi den Urlaub zunehmend mit Krediten finanziert?)

Nein, es sollte schon mindestens Antalya sein. Dort gibt es inzwischen die gleichen Plattenbauzimmer, Billigcocktails und pseudomediterranen Frühstücksbüffets wie auf den Balearen („Das Mitnehmen von Speisen ist untersagt“). Auch wundern sich hier die Einheimischen auch längst nicht mehr darüber, wenn weißbeinige Mitteleuropäer in Unterwäsche shoppen gehen. Markenkleidung von Gucci, Chiemsee und Levi‘s ist ebenfalls in reichlicher Auswahl und perfekt kopierter Optik auf den Basaren vorhanden.

Aber: Antalya liegt in der Türkei und nicht in Spanien. Da fährt nicht jeder hin. Stimmt: Angesichts der zig Millionen Europäer machen ein paar Zehntausend schon einen recht elitären Eindruck, auch wenn sie alle gleichzeitig vor Ort sind.

Steigern läßt sich das Vergnügen, wenn der Asi „in die Domi“ fliegt. Billige Touristenbomber landen dort im Minutentakt, und alle Naslang klatscht mal einer ins Meer. Hier gibt es noch echte Exotik, echte Meeresstrände, echte All-inclusive-Clubs. Die Eingeborenen sind angesichts des Kaufkraftgefälles noch zu allerlei bereit, weswegen die Domi auch den Asi-Single anzieht.

Eher abraten würde der Asi von Mauritius (klein, langweilig und teuer), Lanzarote (zu viele Steine) oder den Alpen (da sieht‘s aus wie im Stadtwald, nur steiler). Ambivalent wird Thailand betrachtet (scheußliches Essen, Gefährdung durch Gefängnisaufenthalt und/oder Hinrichtung, aber: viele Erotik-Hotels).

Deutsche Urlaubsorte sind von vornherein passé. Die Strände bieten keine Sonnengarantie, Cocktails und Sangria sind Mangelware, die Kellner(innen) verstehen jeden rauhen Scherz, der auf ihre Kosten gemacht wird. Wer Deutschland bereist, gilt als potentieller Grundschullehrer.

1.2 Am Strand


Tendenziell ist der Strand der wesentliche Aufenthaltsort des urlaubenden Asis. Man verbringt dort den Tag zur Entgegennahme von UV-Strahlung (A und B) und zum Konsum milder alkoholischer Getränke sowie kalorienreicher Süßwaren, was den Nachwuchs betrifft.

Am Strand herrscht eine eiserne Kleiderordnung. Damen haben dort wahlweise Stringtangas zu tragen („Arsch essen Hose auf“); die zugehörigen Oberteile gelten als hübsche, aber nutzlose Dreingabe wie das Schirmchen auf dem Eisbecher, das man schließlich auch vor dem Verzehr beiseite legt. Oder sie gehen im neonfarbenen Badeanzug, dessen seitliche Beinausschnitte knapp bis unter die Achselhöhlen reichen. Leopardenmuster gelten als verrucht.

Herren gehen in Badehose, deren Stoffmenge in reziproker Relation zum Alter, zur Anzahl der Kopfhaare und zum Bauchumfang steht. Das heißt: Jüngelchen sind in mehr als knielangen Shorts anzutreffen, der Twen geht im Boxerschnitt, der leicht angejahrte Blockwart in der katastrophal gemusterten C&A-Sportbadehose und schließlich der schmerbäuchige Halbgreis im Tanga. Wer sich nicht daran hält, gilt als exzentrisch, unwissend, schwul oder als Asi (sic!).

Kinder haben Narrenfreiheit und dürfen auch ganz ohne ins Wasser, bekommen allerdings gerne ein sonnenschützendes T-Shirt übergestülpt, damit sie in späteren Jahren der schwarze Krebs wenigsten nur am Gemächte befällt.

Auch die Tätigkeiten am Strand sind nach Alter und Geschlecht verschieden. Neben dem alle Generationen vereinenden ganztägigen Sonnenbad dürfen Kinder buddeln, baden, ins Wasser pieseln und sich den Bauch mit Eis vollschlagen. Der männliche Teil der heranreifenden Jugend darf blöden Gesichts das andere Geschlecht anstarren. Der weibliche Teil darf diese Ehrungen entgegennehmen und dabei in gleichermaßen geschmeicheltem wie gedankenfreiem Grinsen die Zahnverdrahtung dem Sonnenlicht aussetzen. Die älteren Semester handeln ebenso, nur weniger offen - was ebenso der Vorbereitung der Abendgestaltung wie der Anbahnung gepflegter Beziehungskrisen dient. Männliche Greise betrauern das Schwinden ihrer Lendenkraft und konsumieren zum Ausgleich mehr Alkohol. Ältere Damen stricken und reinigen die Enkel von Erbrochenem.

1.3 Urlaubsabende


Der Abend dient dem verstärkten Verzehr von Bier, Sangria und Caipirinha. Man kann auch Erdbeer-Margeritas trinken, bis es gut ist, aber das gilt schon als versnobt.

Während des Alkoholverzehrs tauscht der Asi Körpergerüche und schelmische Blicke aus. Dies dient der Einleitung geschlechtlicher Beziehungen. Eine Unterhaltung ist angesichts des Lärmpegels ebenso unmöglich wie bezüglich des Zieles überflüssig oder gar kontraproduktiv.

Zwischendurch wird getanzt. Es ist zwar nur rhythmisches Gehopse, aber ein Asi mit Stil lernt dies vor dem Urlaub in der Tanzschule, damit er nicht peinliches Unwissen über die angesagte Reihenfolge der Hüpf-, Nick- und Schlenkerbewegungen offenbaren muß.

Höhepunkte des Abends sind Animationseinlagen, bei denen beispielsweise Mister und Miss Club gewählt werden. Dabei kann das Publikum bestimmen, welche der Kandidaten und Kandidatinnen den größten Fleiß beim vorurlaublichen Besuch in den Sonnenstudios und Muckibuden bewiesen hat. garniert wird die mit witzigen Einlagen, bei denen die Probanden zuweilen unter allgemeiner ausgelassener Heiterkeit des Saales die Genitalien und Gesäßflächen zu entblößen haben.

Ebenfalls beliebt sind Ausklänge des Abends auf einer schaumüberflossenen Tanzfläche. Dabei wird so manches Pailletten-T-Shirt naß und transparent, so manche Gelegenheit zum zufälligen Körperkontakt unter dem Schutz der Seifenblase ergibt sich. Für den einen oder anderen Jungmann ist der Generaltusch des Abends währenddessen unvermutet früh erreicht.

Der Rest der Belegschaft beginnt sich dann paarweise zu zerstreuen. Andere finden sich - ab und an von unerfreulichen, aber später daheim berichtenswerten Episoden der Vomitio aufgehalten - alleine auf dem Heimweg wieder und tragen sich mit dem Gedanken, den Reiseveranstalter wegen entgangenen Urlaubsgenusses zu verklagen.


2. Die Sprache


2.1 Mündlichkeit


Altbekannt dürfte die Tatsache sein, daß der Asi im restringierten Code kommuniziert. Sein aktiver wie passiver Wortschatz ist begrenzt, er neigt zu kurzen, parataktischen Satzkonstruktionen. Mangels eigener sprachformender Kompetenz neigt er zur Übernahme von Modewörtern und Trendformeln. Insgesamt läßt er sich im Sprachgebrauch von den Eigenheiten seines jeweiligen sozialen Umfeldes leiten. Und das auf dem kleinsten gemeinsamen Nenner.

Lange Jahre war es in Asi-Kreisen Sitte, längere Äußerungen sorgfältig durch den häufigen Gebrauch des Wortes „echt” zu gliedern (gesprochen gerne: „escht”). Im adjektivischen Gebrauch ebenso wie als affirmativen Ausruf. An verstärkenden Adjektiven und Adverbien haben sich auch Worte wie „voll”, „total” etc. eingebürgert. In wenigen Jahren werden weitere Begriffe des eher jugendlichen Sprachgebrauchs in den Asi-Wortschatz integriert sein. Zu erwarten sind „krass“, „cool“, „fett“ und „geil“ (letzteres ist schon beinahe dort angekommen).

Aber auch die pseudodelikaten Manierismen des emporstrebenden kaufmännisch orientierten Mittelstandes wie „nicht wirklich“ oder „unverzichtbar“ haben beste Aussichten, vom Asi adoptiert zu werden.

Ein Vorteil: Der Asi faßt sich gerne kurz. Die Wiedergabe eines Gesprächs durch den Asi könnte ungefähr so lauten: „Ich so: cool! Er so: häh?“ Ist das nicht wunderbar? In wenigen, extrem verdichteten Formeln beschreibt er eine Interaktion, die zwar sicher nicht anspruchsvoller war als ihre Schilderung, aber gewiß bei weitem umständlicher und zeitraubender.

Versucht der Asi sich im elaborierten Code, so gerät er mit größter Zielgenauigkeit auf eine abschüssige Bahn, die keinerlei Halt gewährt. Im schönsten, weil unterhaltsamsten Fall darf man sich das ansatzweise so vorstellen wie in den Solonummern von Helge Schneider, im häßlichsten wird daraus ein gestelztes Gemenge nach Art des verblichenen Adolf Tegtmeier.

Der Gebrauch von Fremdwörtern ist dem Asi nicht anzuraten. Dies ignoriert er aber mit großem Engagement. Und kehrt nicht selten Bedeutungen in ihr glattes Gegenteil um. Als Beispiel mag hier das Wort „kompakt“ dienen, das soviel wie „klein, auf engem Raum konzentriert” bedeutet, vom Asi aber nonchalant wie „groß, massiv und schwer“ benutzt wird. Ebenso unbekümmert benutzt er „frugal“ als Synonym für „üppig“ und dergleichen mehr. Weist man ihn auf seinen Irrtum hin, gilt man in seinen Augen fürderhin als leicht verblödet.

2.2 Schriftlichkeit


Sich mit dem Asi zu unterhalten kann für den Forscher sehr fruchtbar und erheiternd sein. In den Momenten, in denen er sich mit dem geschriebenen Wort auseinandersetzt, meide man dagegen seine Nähe tunlichst. Oder man untersuche ihn dann aus sicherer Entfernung.

Bei einer Leserdiskussion in einer der zahlreichen Intellektuellen-Hochburgen des Ruhrgebiets durfte ich einmal eine diesbezüglich aufschlußreiche Erfahrung machen. Zur Information: Wir geben ein Printobjekt heraus, das sich nicht gerade an die Verehrer der geschliffenen Formulierung wendet, sondern das in leicht verständlicher Sprache handwerklich-manuelle Arbeitsabläufe erklärt. Der Moderator der Leserrunde fragte ins Blaue hinein, ob man längere oder mehr konzentrierte Texte bevorzuge. Einer der Leser drückte daraufhin seinen fleischigen Finger auf einen Fünfzehnzeiler und gab Auskunft: „Wenn mich sonn Thema richtig interessiert, dann beiß ich mich auch durch sowas durch.“

Im Zuschauerraum hinter der verspiegelten Glasscheibe verbarg unser Verlagsleiter sein gramzerfurchtes Gesicht in den Händen und rechnete aus, was eine Erhöhung des Bildanteils im Heft für den Studio-Etat bedeuten würde (zum Vergleich: 500 Zeilen Text gibt‘s schließlich für lau - der Redakteur wird so oder so bezahlt, da soll er mal hübsch abends noch zwei Stündchen sitzen ...).

Daß sich dann ein anderer Leser zur Spiegelwand drehte, um seine 53 Haare wieder sauber quer über die Glatze zu legen, während er uns ohne es zu wissen leeren Auges ins entsetzte Antlitz blickte, war lediglich eine schwache Aufmunterung nach diesem Tiefschlag.

Für den Asi soll der Text also schön groß gedruckt und knapp gefaßt sein. Glücklicherweise sind solche Publikationen sogar im Angebot der Buchhändler zu finden, wenn auch die Verlage hinterhältig nur darauf hinweisen, daß es sich um Ausgaben für Alte und Sehschwache handele.

Großzügiger gibt sich da der Markt der periodischen Printmedien. Hier signalisiert ein rot-weißer Kasten gleich links oben auf der Titelseite „Dieses Papier ist eine Zeitung“. Die daneben gruppierten Headlines in einer Typengröße, die unter altgedienten Setzern als „Wiederkehr Christi“ bekannt ist, fassen einfache Aussagen in einfache Worte. Und sogar echten fortlaufenden Text gibt es. In diesem Fall wohl „Fließtext“ genannt, weil bei der Lektüre die Augen des Denkenden überfließen.

Übrigens habe ich vor einiger Zeit einmal gelesen, daß der damalige Chefredakteur der „Bild“-Zeitung jeden Abend ein bis zwei Stunden lang Texte redigierte. Entweder war der Mann unglaublich langsam, oder er verdiente sich ein hübsches Zubrot mit dem Korrekturlesen des Quelle -Katalogs. Vermutlich wurde er inzwischen durch ein Computerprogramm ersetzt.

Schreibend trifft man den Asi noch seltener an als lesend. Gesichtsausdruck und Zungenhaltung gleichen dann denen unseres Pfälzer Altkanzlers beim Unterzeichnen von dubiosen Verrechnungsschecks. Ganz konzentriert und ganz weit vorne.

Briefe werden vom Asi vorzugsweise auf karierten Notizblockabrissen verfaßt. Das Schriftbild ist von absackenden Linien geprägt, der Stil von unbeabsichtigten Neologismen.

Einfacher wird es da im Online-Chat. Da muß man komplizierte Worte wie „nicht“ nicht mehr ausschreiben, sondern setzt dafür „net“ (auch: „ned“). Dazu großzügig gestreute *gggg* - und schon paßt die Sache. Übrigens ist hier der Umkehrschluß nicht erlaubt: Sprachliche Ökonomie gefällt auch den gebildeten Ständen.


3. Unterhaltung und Freizeit


Um den ohnehin schon langen Text nicht in Redundanz ersticken zu lassen, verweise ich an dieser Stelle auf das oben geschilderte Reiseverhalten. Hieraus läßt sich schon manches über die Freizeitgestaltung des Asis folgern.

Im einzelnen aufzuführen, was der Asi in seiner Freizeit und zu seiner Unterhaltung anfängt, wäre offen gesagt zu schmerzhaft - sowohl für den Chronisten als auch für die Leserschaft. Deshalb möchte ich mich in diesem Abschnitt auf wenige Grundmerkmale beschränken.

3.1 Feiern

„Feiern“ oder auch „Party machen“ besteht im Wesentlichen aus dem Konsum alkoholischer Getränke bei lauter Musik. Wie dies im Urlaub aussieht, wurde bereits erwähnt; im Alltag sieht es ähnlich aus.

Eine derartige Feier braucht eigentlich keinen besonderen Anlaß. Sie ist sich meist selbst Anlaß genug. Hin und wieder genügt auch ein zwangloser äußerer Anstoß, etwa das zufällige Antreffen eines Bierstandes beim Sonntagsspaziergang. Ansonsten gibt es natürlich Festtermine wie „Einstand“, „Ausstand“, „Feierabend“, „Ablauf der Kernarbeitszeit“ oder „Wochenende“.

Feiertermine werden auch gerne in der „Clique“ spontan beschlossen, in der man sich zur Freizeitgestaltung treffen (oft in Form von „Pärchen“). Hat man einander zur gewohnten Zeit am gewohnten Ort gefunden, ist dieser Umstand schon einer Feier würdig.

Getränke beim Feiern sind Bier oder „Smirnoff Ice“. Zum Biergenuß wird gerne ein verwaschenes Sweatshirt (Dame) oder ein weißes Unterhemd (Herr) getragen. Zu Smirnoff Ice trägt die Dame ein bauchfreies Top und der Herr ein Hawaii-Hemd.

Abweichungen sind möglich, da die Kleiderordnung nicht strikt gehandhabt wird, sondern lediglich Empfehlungscharakter trägt.

3.2 Fernsehen


Im Familienkreis wird der Genuß alkoholischer Getränke häufig vom Fernsehen begleitet. Standardgetränk ist Bier. Die Kleiderordnung sieht ein legeres Outfit vor, nach dem Motto „erlaubt ist, was gefällt“.

Das Programm bietet eine bunte Mischung aus Shows mit verbalen Auseinandersetzungen (nachmittags) und Shows, die der Befriedigung von Schadenfreude und Voyeurismus dienen (abends). Das Dargebotene wird von den Zuschauern ausführlich kommentiert. Beliebt sind dabei Feststellungen zum Intelligenzgrad der Protagonisten, zu Körpermerkmalen und zu vermuteten sexuellen Präferenzen: „Boah, is der blöd!“, „Boah, is die häßlich!“, „Ey, die Tunte!“

Gerne nimmt man auch Spielfilme asiatischer Provenienz zur Kenntnis, in denen den Darstellern eine tadellose Beherrschung etwelcher Kampfsportarten abverlangt wird. Derartige Filme werden jedoch vorwiegend in Videotheken entliehen, da die für die öffentliche Vorführung modifizierten Fassungen leider eine Vielzahl maskenbildnerischer und pyrotechnischer Glanzleistungen entbehren müssen.

Dies empfindet der Zuschauer als unerträgliche Zensurmaßnahme, die ihm die ganze Freude am Film verleiden kann. Im Unterschied zu den ignoranten Gremien der Selbstkontrolle weiß er es durchaus als cineastische Kunst zu würdigen, wenn das Splittern von Knochen, der Verlust von Extremitäten und die Penetration von Körpern an dafür von der Natur nicht vorgesehenen Stellen mit hingebungsvoller Liebe zum Detail nachgebildet und arbeitsaufwendig abgefilmt werden.

Die Handlung muß von Stringenz und Sparsamkeit geprägt sein. Dialoge sind abzulehnen, sofern sie nicht der gelungenen Überleitung von einer Kampfszene zur nächsten dienen.

3.3 Diskussionen


Der Asi verständigt sich mit anderen Menschen gerne über kontroverse Themen. Dies übt er bereits in frühester Jugend ein. Die allfällige Diskussion wird dann gerne mit kurzen Statements eingeleitet. Eröffnende Formulierungen sind beispielsweise „Du hast misch beleidischt“ oder „Du hast meinen Bruder geschlagen“, häufig gefolgt von „Lüg nischt!“. Der Rest der Diskussion wird dann mit nonverbalen Mitteln bestritten. Diese Gestaltung des Dialogs ist erfrischend zweckmäßig. Nutzt sie doch in bester Weise die dem Asi verfügbaren Mittel und vermeidet überflüssiges Wortgeklingel.

Mit fortschreitendem Alter wird die Diskussionstechnik verfeinert, doch die grundlegende Verfahrensweise wird in bewährter Manier beibehalten. Anlässe zu Diskussionen ergeben sich nicht selten aus den oben erwähnten Feiern. In manchen ländlichen Gegenden wird eine Feier sogar grundsätzlich als unvollkommen empfunden, wenn ihr nicht eine Diskussion folgt. Die anschließende Versöhnung ist ihrerseits wieder ein schöner Anlaß zum Feiern.

Ist der Asi in der glücklichen Lage, mit Vermögen und Weisungsbefugnis gesegnet zu sein, wird die Diskussion wieder eher von verbalen Äußerungen bestimmt. Dies jedoch durchaus einseitig. In den Gesprächen, die leitende Asis führen, sind die im klassischen Kommunikationsmodell vorhandenen Rollen von „Sender“ und „Empfänger“ fest zugewiesen. Dies vermeidet Mißverständnisse und gewährleistet einen verzögerungsfreien, reibungslosen Ablauf der Diskussion.

Nach diesem Modell werden auch innerfamiliäre Besprechungen durch den „Hausherrn“ gestaltet. Die genannten nonverbalen Kommunikationsmittel stehen dann jedoch stets als „Plan B“ zur Verfügung.


4. Fazit


Vieles mußte wieder ungesagt bleiben. Diesmal jedoch endgültig. Das Bild dürfte sich vervollständigt haben, der Eindruck sollte tief genug sein. Mehr muß man nicht wissen, mehr will man nicht schreiben.

Vielleicht lassen sich Leserinnen und Leser durch diesen Text dazu inspirieren, der fortschreitenden Verpöbelung der Gesellschaft entgegenzutreten. Und wenn es nur bei sich selbst ist. Denn die Lust am Vordergründigen, Triebgesteuerten, Grellen und Unreflektierten steckt wohl mehr oder minder gut verborgen in jedem von uns. Dies ist durchaus natürlich - wir sollten jedoch dafür sorgen, daß diese Lust nicht die Oberhand gewinnt.