In jeder Hinsicht geglückt


Moustaki & Flairck



Etliche Flairck-Fans der ersten Jahren konnten sich nur schwer mit der Entwicklung abfinden, die der Stil der niederländischen Folkmusiker im Laufe der Jahrzehnte nahm. Für sie zählen die Studio-Alben „Variaties Op Een Dame“ („Variations On A Lady“), „Gevecht Met De Engel“ („The Lady's Back“) und „Circus“ zum harten Kern, „Live In Amsterdam“ gilt als interessante Ergänzung. Danach hielten mehr und mehr elektronische Elemente Einzug, Anleihen und Stilzitate aus Pop und Rock oder Vokalpartien schienen die reine Lehre des melodischen Instrumental-Folks zu verwässern.

Ich muß gestehen, daß ich das durchaus nachvollziehen kann, und auch für mich waren die genannten drei Alben lange Zeit die besten, die Flairck herausgebracht hat. Waren? Nein, sie zählen natürlich immer noch zu den besten, aber jetzt haben sie Gesellschaft bekommen.

Nachdem mir vor ein paar Monaten bereits die „Chilenian Concerts“ in die Hände gefallen waren und mich sehr angenehm überrascht hatten, kaufte ich vor kurzem eher zufällig das etwa 20 Jahre alte Album „Moustaki & Flairck“. Und dieses Album hat mich elektrisiert, wie man so schön sagt. Dabei ist es ein echtes Fusion-Projekt, in dem sich Folk und Chanson treffen, und außerdem mit Georges Moustaki als Vokalisten aufgenommen - das Album verläßt also ganz vorsätzlich den Bereich des Instrumental-Folks. Das allerdings mit einem derart wunderbaren Ergebnis, daß man sich glatt ein Loch in den Bauch freuen kann.

Die Instrumentalpartien klingen durchaus vertraut, etwa wenn gleich im ersten Titel das auf „Circus“ verwendete Orchestrion den Auftakt macht, und doch werden sie zu etwas ganz Neuem, wenn Moustakis unaufgeregte, schon beim ersten Ton sympathische Stimme die Führung übernimmt. Dieses Wechselspiel von Vertrautem und Neuem zieht sich durch das gesamte Album.

Sehr schön finde ich, daß Moustaki melodisches Material beisteuert, das die Musik von Flairck um bislang ungehörte und unerwartete Aspekte bereichert und doch perfekt zur Instrumentierung paßt. Das gelingt zwar nicht immer, so sind beispielsweise die letzten beiden Tracks für meinen Geschmack etwas zu monoton geraten, aber es bleibt trotzdem ein echter Glücksfall, daß sich die Folkgruppe und der Chansonnier gefunden haben.

Auch für Moustakis Anhänger dürfte das Album eine Bereicherung darstellen. Sehr viele andere Aufnahmen des Sängers werden nur dezent instrumental begleitet, oft lediglich mit einer Gitarre. Das ist stimmig und schön, aber die Begleitung durch ein so komplexes und teilweise ungewöhnlich besetztes Ensemble wie Flairck bringt doch eine durchaus neue Dimension auch in Moustakis Musik. (Ich hoffe, ich beweise damit jetzt nicht allzu große Unkenntnis von Moustakis Werk - seine Anhänger mögen mir das nachsehen.)

Alles in allem kann ich „Moustaki & Flairck“ uneingeschränkt empfehlen. Hier haben sich Künstler getroffen, die gemeinsam etwas Neues auf die Beine gestellt haben und dabei doch ihren jeweils eigenen Stil einbringen konnten. Schade, daß es bei dieser (meines Wissens) einmaligen Zusammenarbeit geblieben ist - ich hätte gerne mehr davon gehört.