Erfreuliche Neuausgabe


Eugen Cicero Plays Schubert



Vermutlich ist es übertrieben, von einer Cicero-Renaissance zu sprechen - zumal Eugen Cicero bei seinen Fans nie vergessen war. Ebenso bemerkenswert wie erfreulich ist es trotzdem, daß Ciceros Werk bei verschiedenen Labels wieder eine Rolle spielt, nachdem längere Zeit nur ein kleiner Teil der Einspielungen lieferbar war.

Nach der letzten kleinen Sensation, die mit der Entdeckung eines Livekonzerts der 70er Jahre und der Veröffentlichung unter dem Namen „Solo Piano“ bei in+out im letzten Jahr zu melden war, hat sich das Label ZYX nun mit Cicero befaßt und als erste eine CD-Ausgabe des Intercord-Albums „Cicero plays Schubert“ präsentiert.

Das jetzt vorliegende Schubert-Album aus dem Jahr 1975 ist zwar vor Jahren schon in Japan als CD veröffentlicht worden, war aber in Europa so gut wie nicht zu bekommen. Cicero spielt darauf in Triobesetzung (Nils Henning Ørsted Pedersen (b), Tony Inzalaco (dr)) zusammen mit dem Württembergischen Kammerorchester Heilbronn unter Jörg Färber eine schöne und beeindruckende Auswahl gängiger Schubert-Melodien ein.

Dabei geht es zwar auch oft sehr romantisch zu, und die opulenten Streicherpassagen spielen zuweilen eine recht dominante Rolle. In diesem Fall dient dies jedoch dem Bezug zu einer werktreuen Interpretation des Romantikers Schubert. Ciceros Jazz-Paraphrasen und -Improvisationen ergänzen diese ausgesprochen harmonisch und schaffen im besten Sinne ein Cross-over-Kunstwerk. Man vergleiche diese CD mit den Aufnahmen auf „A Love's Dream“, die Cicero mit den Münchner Philharmonikern 1985 einspielte - ein Unterschied wie Tag und Nacht. Wo die Münchner die wenigen jazzigen Passagen mit reichlich Streicherkitsch zukleisterten und Cicero die undankbare Rolle eines musikalischen Stichwortgebers zufiel, ergänzen sich auf der Schubert-CD Solist und Orchester auf perfekte und häufig sehr anrührende Weise.

Etwas schade ist die Kürze der einzelnen Tracks. Cicero läuft oft zur besten Form auf, wenn er sich über etliche Durchläufe eines Themas steigern kann - hier ist das in der Kürze der Zeit oft nicht möglich. Das ist jedoch typisch für die meisten Cicero-Aufnahmen bei Intercord.

Die CD kommt im Digipack, was ich persönlich weniger schätze. Das Cover ist jedoch ansprechend gestaltet. Ein wenig peinlich ist es allerdings, daß die Plattenfirma für die Liner-Notes in dem vierseitigen Booklet schlicht und ergreifend den Artikel zu Cicero aus der Wikipedia übernommen hat. Bei einem Label sollte eigentlich ausreichender Sachverstand vorhanden sein, um einen eigenen Text zu verfassen, der der Aufnahme gerecht wird. Mit etwas mehr Mühe hätte man dann auch den Namen des Bassisten im Booklet richtig schreiben können ...

Das ist allerdings auch der einzige Kritikpunkt. Akustisch hält die CD die richtige Balance zwischen zeitgemäßer Tonqualität und den Eigenheiten der über 30 Jahre alten Aufnahme. Man hat den Eindruck, daß hier die Originalbänder einfach sauber digitalisiert wurden, ohne den Sound per Klangprozessor unangemessen „aufzuhübschen“. Alles in allem eine klare Kaufempfehlung - für eingefleischte Fans zur Vervollständigung ihres Tonträgerbestands ebenso wie für Neuentdecker.