Die Ästhetik des Schrecklichen


Express in die Hölle (Runaway Train)



Am Anfang steht die klassische Konfrontation zwischen Outlaw und Gesetzeshüter: Der Schwerverbrecher Manny (Jon Voight) steht dem sadistischen Gefängnis-Direktor Frank (Kyle T. Heffner) gegenüber, der ihm nach dem Leben trachtet. Für Manny gibt es nur die Flucht - sie gelingt ihm zusammen mit seinem Mitinsassen und Bewunderer Buck (Eric Roberts, übrigens der Bruder von Julia Roberts).

Die beiden steigen an einer Bahnstation unbemerkt in ein Vierergespann von Lokomotiven, das sich bald darauf in Bewegung setzt. Was sie zunächst nicht wissen: Der Lokführer erleidet kurz nach der Abfahrt einen Herzinfarkt, so daß der Zug führerlos durch das winterliche Alaska rast. Während die Leitstelle der Bahngesellschaft verzweifelt versucht, den Zug zu stoppen, macht sich Frank auf die Jagd nach den Flüchtigen.

Der Film (im Original „Runaway Train") baut von Anfang an eine unglaubliche Spannung auf. Nicht nur durch die äußere Situation, sondern auch im Inneren der Handelnden. Manny versucht in scheinbar aussichtslosen Situationen zu überleben und dabei seine Freiheit zu gewinnen. In rauhen, zynischen Dialogen mit Buck zeigt sich, wie verbogen seine Psyche ist, wie sehr das Animalische seine Handlungen zu steuern scheint (unbedingt einmal mit englischem Originalton ansehen!). Auch Frank ist der Ansicht, daß die Flüchtigen Tiere sind, die es mit allen Mitteln zur Strecke zu bringen gilt. Dabei denkt und handelt er selbst brutal und instinktgesteuert. Nicht umsonst wird zum Schluß ein Zitat aus Shakespeares „Richard III." eingeblendet: „No beast so fierce but knows some touch of pity. But I know none, and therefore am no beast."

Einen starken Kontrast zu den Konflikten zwischen den Flüchtigen, zwischen Jäger und Gejagten und zu der bedrohlichen Situation bilden die fast traumähnlichen Sequenzen, in denen der Zug durch die Eislandschaft rast, begleitet von der hypnotischen Filmmusik von Trevor Jones. Dieses Zusammenwirken von schrecklich schönen Bildern und einer unaufhaltsam in die Katastrophen führenden Geschichte machen den Film zu wirklich großem Kino. Die Schlußsequenz gehört in ihrer bösen Ästhetik mit zum Besten, was das Genre zu bieten hat.

Meine Empfehlung: Unbedingt ansehen! Egal ob als Thriller oder als psychologisches Kammerspiel - der Film hat für jeden etwas zu bieten.