Als Rohfassung könnte es durchgehen


Jacques Berndorf - Mond über der Eifel



Die gute Nachricht: Es ist alles wie immer. Siggi Baumeister, Journalist, Pfeifensammler und Katzenfreund, ermittelt in der schönen Eifel zusammen mit Emma, Rodenstock und Kischkewitz. Die schlechte Nachricht: Es ist alles wie immer. Siggi Baumeister, Journalist ... nein, das hatten wir schon. Eigentlich bliebe also nur zu vermelden, daß Berndorf seine Eifel-Reihe um einen weiteren Band ergänzt hat, der nach bewährtem Schema mit bewährten Protagonisten vor der Kulisse von „Rheinisch Sibirien“ ein wenig Spannung aufbaut.

Leider muß man dann doch ein paar Worte mehr verlieren. Und zwar über die Schwächen des Romans. Nach meinem Eindruck hat der Wechsel vom Grafit-Verlag zu Kbv der Reihe nicht gutgetan. Das gilt nicht für Ausstattung und Druck, das ist sehr ordentlich erledigt. Gefehlt hat hier ganz offensichtlich ein erfahrener Lektor, oder der vorhandene war vor Ehrfurcht erstarrt und wagte nicht, gemeinsam mit dem Autor das Manuskript vom Kopf auf die Füße zu stellen.

Letztlich kommt es auf das gleiche hinaus: Berndorf ist schlicht und ergreifend ins Schwafeln geraten, stopft die eigentlich recht simple Handlung mit unzähligen überflüssigen Nebenmotiven und Manierismen aus, schwelgt ungebremst im Lokalkolorit, greift ganz gerne mal in die Klischeekiste und baut ansonsten voll und ganz auf die Leidensfähigkeit der treuen Serienleserschaft. Das hätte man nicht nur straffen können, sondern müssen. Ein Roman ist schließlich keine locker aneinander gereihte Materialsammlung momentaner Eingebungen des Autors, sondern sollte eine stringent erzählte Geschichte mit erkennbarem roten Faden sein. Die ist hier zwar durchaus auch vorhanden, aber vollkommen verschüttet von literarischem Krimskrams.

Der (möglicherweise imaginäre) Lektor hätte in einer ersten Amtshandlung darauf bestehen sollen, daß der Auftakt-Mord eine bessere Einbindung in die Motivationsstruktur und eine sinnvollere Beziehung zur Gesamthandlung erhält und nicht als gigantisches totes Motiv lediglich einen nutzlosen Nebenkriegsschauplatz schafft. Zweitens wäre dem Autor zu verdeutlichen gewesen, daß es einem Roman nicht bekommt, wenn man ihn als Vehikel für eine umfassende Bloßstellung des Esoterik-Zirkus' nutzt. Das ist zwar an sich ganz verdienstvoll, im Rahmen der Romanhandlung aber deutlich zuviel des Guten. Kaum spielt die Eso-Szene eine Rolle, sitzt plötzlich hinter jedem Eifelbaum eine Hexe, ein Amulettverkäufer oder ein Satanist - eine Nummer kleiner wär's wohl auch gegangen.

Drittens hätte ein guter Lektor darauf hingewiesen, daß man einen Text nicht in einer bestimmten Landschaft verankert, indem man die Nummern der benutzten Bundes- und Landstraßen und die Namen jeder durchfahrenen Ortschaft akkurat aufzählt, sondern indem man auf die dort lebenden Menschen eingeht. Dies ist aus meiner Sicht lediglich bei der Figur eines Schmieds gut gelungen, dafür nicht einmal beim Ich-Erzähler Baumeister. Ob es beispielsweise dem Verständnis eines Handlungsträgers dient, wenn man auf jeder dritten Seite erfährt, ob er nun gerade eine Pfeife von Savinelli, Vauen, Jensen oder Stanwell entzündet, wage ich zu bezweifeln.

Und nicht zuletzt hätte ein guter Lektor sich auf den Hintern gesetzt, den Text sprachlich sauber redigiert und eine vernünftige Satzkorrektur vorgenommen. Wenn schon auf der zweiten Seite ein Satz zu finden ist, der offenbar nach einer schludrig vorgenommenen Überarbeitung völlig den Sinn verloren hat, wenn Rechtschreib- und Zeichensetzungsfehler es in Massen bis in den Druck schaffen, dann ist das schlicht peinlich.

Man könnte achselzuckend darüber hinweggehen, schließlich muß man nicht jedes Buch mögen. Es ist trotzdem schade drum: Zum einen, weil hier eine im Grunde gute Romanidee verarbeitet wurde, aus der man eine lesenswerte Geschichte hätte machen können. Ein wenig tiefergehende Recherche, der Verzicht auf so manches literarische Mätzchen und eine gründliche Durchkomposition hätten einen flotten, interessanten und spannenden Krimi ergeben. Zum anderen wurde hier eine weitere Chance vertan, nämlich zu zu zeigen, daß Krimis mit regionalem Bezug nicht provinziell sein müssen. Berndorf hat mit etlichen seiner früheren Eifel-Krimis bewiesen, daß das ohne weiteres machbar ist, aber hier ist er hinter seinen Möglichkeiten zurückgeblieben.

Also, um mal im bodenständigen Ton der geschilderten Landschaft zu bleiben: Berndorf, reiß dich zusammen und streng dich beim nächsten Mal ordentlich an. Du kannst mehr, als nur pflichtschuldigst deinen Stiefel runterzuschreiben. Dann mach es auch!